Milde und kalte Winter

Wie wird der Winter? Gibt es Weiße Weihnachten? Viele stellen sich zu Beginn des Winters diese Frage und wollen wissen, ob es zuverlässige Möglichkeiten der Vorhersage gibt.

Mitteleuropa liegt im Übergangsbereich zwischen dem milden ozeanischen Klima Westeuropas und dem kalten kontinentalen Klima Osteuropas. Zwischen diesen beiden Klimazonen gibt es große Unterschiede: So liegt z. B. die mittlere Januartemperatur von Irland bei +7°C, die von Moskau bei -10°C. An einzelnen Tagen können die Unterschiede noch viel größer sein. Am 15. Dezember 1997 wurden um 1 Uhr MEZ in Schottland 11°C gemessen, 300 km nördlich von Moskau -40°C.

Das Meerwasser gibt im Winter die im Sommer gespeicherte Wärme ab, zudem kommt durch den Golfstrom ständig Nachschub an warmem Wasser. Dementsprechend wird es in küstennahen Gebieten  nicht extrem kalt. Typisch für küstennahe Gebiete ist es auch, dass oft erst im Februar die niedrigsten Durchschnittstemperaturen auftreten. Erst jetzt ist das Meerwasser so weit abgekühlt, dass dass die Wärmeabgabe nachlässt. Im Vergleich dazu kann das Land viel weniger Wärme speichern.

Innerhalb von Deutschland macht sich dieser Übergang bemerkbar: In Nordwestdeutschland liegen die Durchschnittstemperaturen im Januar bei +1 bis +2 °C, im Südosten Bayerns bei -1 bis -2 °C.

Typisch für Mitteleuropa sind im Winter feuchtmilde Westwetterlagen, bei denen Schnee erst im Höhen von 500 bis 1000m auftritt. Als "schneesicher" (d. h. dauerhafte Schneedecke über mehrere Monate hinweg) gelten Lagen ab 1200 m und höher. Wenn die kontinentale Klimazone Osteuropas etwas nach Westen "ausgreift", kann es natürlich auch in Mitteleuropa zu strengen Wintern kommen.

Die Abbildung zeigt die sehr milden und sehr kalten Winter. Es wurde nur dann ein Winter eingetragen, wenn die Durchschnittstemperaturen von Dezember bis Februar um mindestens 1,5 Grad vom langjährigen Durchschnitt abwichen. Zur Berechnung der Werte wurde der Durchschnitt von Messungen in den Niederlanden, in Wien und in Potsdam verwendet. Damit sind die Werte für Mitteleuropa repräsentativ.

Eine Auswertung der Wetterlagen bei ungewöhnlich milden ("atlantischen") und ungewöhnlich kalten ("sibirischen") Wintern ergab folgende typische Wetterverläufe:

Ein typisch milder Winter beginnt mit einem Kaltlufteinbruch Ende November mit Schnee bis ins Flachland. Spätestens am Ende des Jahres kommt dann mit einer Westwetterlage ein Temperaturanstieg ("Silvestertauwetter"). Im Januar und Februar kommt es dann kaum noch zu Frost, im März ist der Winter praktisch zu Ende.

Anzeichen für einen kommenden strengen Winter ist eine lang anhaltende Hochdruckwetterlage im Oktober ("Altweibersommer"). Erst Mitte Dezember kommt ein stärkerer Temperaturrückgang. Kurz vor Weihnachten kommt das "Weihnachtstauwetter". Danach sinken die Temperaturen infolge von Kaltluftzufuhr aus dem Norden. Gehäuft treten dann auch Ostwetterlagen auf, die kalte Kontinentalluft bringen.

Natürlich ist auf Grund einzelner Beobachtungen im Herbst keine sichere Prognose für den kommenden Winter möglich. Ein entscheidender Faktor für warme oder kalte Winter ist auch die Häufigkeit von Tiefdruckgebieten, die milde Atlantikluft nach Europa bringen. Tiefdruckgebiete entstehen über dem Atlantik, wenn kalte Luft aus dem Norden (Grönland, Nordkanada) mit warmer Luft aus dem Süden (Bermuda- und Azoren-Inseln) zusammentrifft. Je nachdem wie diese Luftströmungen ausgeprägt sind, entstehen Tiefdruckgebiete mehr oder weniger häufig.

Mit statistischen Methoden haben Meteorologen auch nach anderen Zusammenhängen gesucht. Dabei kommen auch die Sonnenflecken ins Spiel. Sonnenflecken sind Gebiete auf der Sonne mit niedriger Temperatur (4000 bis 5000 °C) als der normalen Oberflächentemperatur (6000 °C). Diese Gebiete erscheinen deshalb dunkler.

Foto aus Wikipedia

Sonnenflecken wurden schon vor der Erfindung des Fernrohrs beobachtet, systematische Beobachtungen gibt es seit der Erfindung des Fernrohrs um das Jahr 1600 (Galilei, Scheiner). (Sonnenflecken darf man mit dem Fernrohr oder Fernglas nicht direkt beobachten, schwere Augenschäden wären die Folge. Eine gefahrlose Beobachtung ist möglich, wenn man das Sonnenbild auf eine geeignete Fläche projiziert. )

Die Häufigkeit der Sonnenflecken schwankt in einem 11jährigen Zyklus, die folgende Abbildung aus Wikipedia zeigt die letzten drei Zyklen. (Re bedeutet "Sonnenfleckenrelativzahl")

Bei statistischen Untersuchungen stellt am fest:
Milde Winter treten häufig im 1. Jahr vor dem Sonnenflecken-Maximum, im 3. Jahr nach dem Maximum und im 2. Jahr vor dem Minimum auf; Kalte Winter im 1. Jahr nach dem Sonnenflecken-Maximum sowie im Jahr des Flecken-Minimums und im 1. Jahr danach.
In den Jahren 1650 bis 1715 blieben die Sonnenflecken ganz aus. Diese Jahre waren durch sehr niedrige Temperaturen gekennzeichnet ("Kleine Eiszeit").

Eine ursächliche Erklärung für diese Zusammenhänge gibt es (noch) nicht. Man kennt andere Auswirkungen der Sonneflecken auf der Erde (z.B. Störungen des Funkverkehrs, Polarlichter) für die man die Ursachen angeben kann.

Die folgende Grafik gibt eine Prognose der Sonneflecken-Aktivität bis zum Jahr 2025 (auf Basis des 11jährigen Zyklus):

In den letzten Jahren beobachtetet man ein auffällige Häufung von milden Wintern. Es bestehen wenig Zweifel daran, dass dies ein Anzeichen für einsetzende Klimaänderungen im Zuge des Treibhauseffektes ist. Der Treibhauseffekt wird im wesentlichen durch die Kohlendioxid-Emissionen (Verbrennung von fossilen Brennstoffen) verursacht. In diesem Zusammenhang gibt es allerdings auch Vermutungen über Änderung von Meeresströmungen, so dass auch eine Zunahme von kalten Wintern denkbar wäre.


Die Musik zum Thema: Allegro aus "Der Winter" ("Die 4 Jahreszeiten" von Antonio Vivaldi)

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