Der Venustransit am 8. Juni 2004

Am 8. Juni findet ein äußerst seltenes Ereignis statt: Die Venus zieht als dunkler Punkt vor der Sonnenscheibe vorbei. Die folgende Grafik des Planetariums Stuttgart zeigt die Bahn der Venus vor der Sonnenscheibe und gibt auch die entsprechenden Zeiten an:

Wie kommt dieser Venustransit zustande?

Die folgende Skizze zeigt die Bahn der Erde (blau) und die Bahn der Venus (rot) um die Sonne. Die Ebene der Erdbahn (= die Ekliptikebene) ist hellblau eingetragen. Die Ebene der Venusbahn ist um etwa 3° gegenüber der Ebene der Erdbahn geneigt. Einen Vorbeigang (Transit) der Venus vor der Sonnenscheibe beobachtet man nur dann, wenn Erde und Venus zur selben Zeit (fast) genau auf der Knotenlinie stehen, und zwar auf derselben Seite der Sonne. Diese Stellung kommt relativ selten vor.

Der Venustransit entspricht also der Situation bei einer Sonnenfinsternis. Bekanntlich geht dabei der Mond vor der Sonnenscheibe vorbei und verdunkelt damit die Sonne. Auf Grund der Größenverhältnisse ergeben sich jedoch entscheidende Unterschiede. Von der Erde aus gesehen haben Sonne und Mond etwa denselben Durchmesser (genau gesagt: Winkeldurchmesser). Der Mond kann deshalb bei einer totalen Sonnenfinsternis die Sonne komplett verdunkeln. Der Durchmesser der Venus beträgt nur 1/30 des Monddurchmessers (die Venus ist von der Erde viel weiter entfernt als der Mond). Vor der Sonnenscheibe zeigt sich dementsprechend nur ein dunkler Punkt.

Bei dem Venustransit am 8. Juni 2004 steht Venus im absteigenden Knoten. Wann wird sich diese Konstellation wiederholen?
Die Erde benötigt für einen Umlauf um die Sonne 1 Jahr (etwa 365 Tage), die Venus nur etwa 225 Tage. Die Venus bewegt sich also auf der Innenbahn schneller als die Erde auf der Außenbahn (dies ist eine Folge des 3. Keplerschen Gesetzes).
Wenn die Erde am 8. Juni 2005 gegenüber diesem Jahr genau einen Umlauf gemacht haben wird, ist die Venus schon weiter, sie steht nicht im Punkt 2. Bis die Venus die Erde einmal überrundet haben wird, vergehen 584 Tage (man sagt: Die synodische Umlaufdauer der Venus beträgt 584 Tage). Allerdings stehen zu diesem Zeitpunkt Venus und Erde nicht auf der Knotenlinie, man beobachtet keinen Venustransit.
Um herauszufinden, wann sich die Situation vom 8. Juni 2004 wiederholen wird, muss man das kleinste gemeinsame Vielfache von 365 und 584 suchen. Man findet, dass nach etwa 8 Jahren der Fall ist.
(Rechnung: 8 * 365 Tage = 2920 Tage; 5 * 584 = 2920 Tage)

Nun stimmen die Zeiten 365 Tage und 584 Tage nicht genau, die Wiederholung des Venustransits findet deshalb genau am 5./6. Juni 2012 statt. Auch die Bahn der Venus vor der Sonne ist nicht genau identisch:

Die Venus geht also "weiter oben" vor der Sonnenscheibe vorbei. (Übrigens: Da dieser Venustransit, in Mitteleuropäischer Zeit ausgedrückt, in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni stattfinden wird, muss man dann weit nach Osten, z. B. nach Japan reisen, um ihn live verfolgen zu können)

Wenn man die obige Skizze auf das Jahr (2012 + 8 ) = 2020 überträgt, erkennt man, dass dann kein Venustransit zu beobachten ist, die Venus geht dann oberhalb der Sonnenscheibe vorbei. Genauere Überlegungen zeigen, dass der nächste Venustransit am 11. Dezember 2117 stattfinden wird (im aufsteigenden Knoten, allerdings wieder zur Nachtzeit in Europa). Der nächste von Europa aus sichtbare Venustransit wird erst am 8. Dezember 2125 stattfinden)

Übrigens: Wenn man "Pech hat", fällt die Wiederholung des Venustransits nach 8 Jahren aus:

Hier verläuft die Bahn beim ersten Transit relativ zentral, die "zweite Bahn" liegt dann außerhalb der Sonnenscheibe.

Für die Astronomen stellt der Venustransit eine Möglichkeit dar, die Entfernung Erde - Sonne festzustellen (Die genaue Kenntnis dieser Entfernung ist für die Astronomie sehr wichtig, diese Strecke heißt "Astronomische Einheit").

Die folgende Skizze zeigt das Prinzip dieser Messung:

Wenn man z. B. den Venustransit von zwei Stellen aus beobachtet, von denen der eine möglichst weit nördlich, der andere möglichst weit südlich liegen sollte, geht die Venus auf verschiedenen Bahnen vor der Sonne vorbei. Durch Messung des Winkels alpha kann man dann die Entfernung Erde - Sonne bestimmen. Wer Genaueres wissen will, sollte eine E-Mail schreiben an: karlheinz.stark@web.de

Bestimmung der Astronomischen Einheit durch Messungen beim Venustransit (Externer Link; zeigt den Rechenweg)

Auf jeden Fall ist zu beachten: Der Venustransit darf auf keinen Fall durch ein optisches Instrument (Fernglas, Fernrohr etc.) direkt beobachtet werden. Das intensive Sonnenlicht würde zur sofortigen Erblindung führen! Auch bei der Verwendung von Filtern ist Vorsicht geboten, da diese durch die starke Erwärmung platzen können. Die sicherste Methode ist die Projektion der Sonnenscheibe auf eine helle Fläche. Das projezierte Bild kann gefahrlos beobachtet werden.

Links:

Mittlerweile gibt es im Internet viele Seiten speziell zum Venustransit. Eine kleine Auswahl:

Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik der Universität Freiburg: http://www.kis.uni-freiburg.de/vt-2004/ (sehr zu empfehlen!)

http://www.venustransit.de/

http://www.venustransit.at/

http://eclipse.astronomie.info/transit/venus/

http://www.astronomie.de/sonnensystem/venustransit/

http://www.venuscope.de/

http://www.baader-planetarium.de/aktuell/infoseite-venus.htm

http://www.martin-wagner.org/venustransit.htm (interessante Fotos)

Von der Schwäbischen Sternwarte Stuttgart: http://www.sternwarte.de/astro/ereignisse/default.asp

Von der Sternwarte Recklinhghausen: http://www.sternwarte-recklinghausen.de/astronomie/html/venustransit.html

Für Lehrer gut geeignet: http://www.lehrer-online.de/dyn/9.asp?url=397361.htm

Sonderseite des Planetariums Stuttgart zum Venustransit: http://www.planetarium-stuttgart.de/pages/q2-venustransit/welcome.htm

Schulprojekt Venustransit: http://bscw.fit.fraunhofer.de/pub/bscw.cgi/0/57899416

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