Einige Anregungen zu astronomischen Beobachtungen im Sternbild Orion

Ein Ausschnitt aus der Sternkarte:

Es gehört ganz schön viel Überwindung dazu, in einer kalten klaren Winternacht hinter dem warmen Ofen hervorzukommen, um die Schönheit des nächtlichen Winterhimmels zu bewundern. Doch dieser Schritt vor die Haustüre lohnt sich. Denn wer warm eingepackt mit seinen Blicken in die Welt des Winterhimmels eintaucht, wird überwältigt sein von den vielen Lichtpunkten, die einem scheinbar wahllos am Himmel entgegenfunkeln.

Die Menschen im Altertum, die Ägypter, Babylonier und Griechen haben versucht, Ordnung in dieses Chaos am Himmel zu bringen. Sie erkannten in der Anordnung der Sterne Gestalten aus ihrer Sagen- und Mythenwelt und verbanden diese Sterne zu Sternbildern. Die Internationale Astronomische Union (IAU) hat den gesamten Himmel in 88 Sternbilder eingeteilt.

Zu den eindrucksvollsten Sternbildern gehört mit Sicherheit das Sternbild Orion. Unsere Vorfahren erkannten darin einen großen Himmelsjäger, begleitet von seinen beiden Hunden sowie seiner Beute – einem Hasen.

Orion steht im Winter hoch im Süden und selbst der ungeübte Beobachter erkennt dieses Sternbild auf Anhieb. Seine drei markanten Gürtelsterne sowie der östliche Schulterstern Beteigeuze
(Alpha Orionis) und der westliche Fußstern Rigel (Beta Orionis) spannen zwei riesige Trapeze auf. (Siehe Ausschnitt aus der Sternkarte)

Wer genau hinsieht, erkennt, daß Beteigeuze in einem roten Licht strahlt, während Rigel blauweiß am Himmel erscheint. Sterne sind Sonnen, also heiße, selbstleuchtende Gasbälle, gewissermaßen Geschwister unserer eigenen Sonne. Astronomen haben herausgefunden, daß die Farbe eines Sterns Auskunft darüber gibt, wie hoch die Temperatur an seiner „Oberfläche“ ist (genau: wie hoch die Temperatur in der lichtaussendenden Schicht ist). Je röter desto kühler und je blauer desto heißer. Beteigeuze hat eine Temperatur von etwa 3000°C, Rigel hingegen von sage und schreibe 12000°C. Zum Vergleich: Unsere Sonne bringt es auf etwa 5500°C an der Oberfläche.

Nun sind diese Sonnen soweit entfernt, daß sie am Himmel als Punkte funkeln. Beteigeuze bringt es auf 427 Lichtjahre. D. h. das Licht von Beteigeuze ist 427 Jahre zu uns unterwegs, bevor es unser Auge erreicht. Rigel ist sogar doppelt soweit entfernt wie Beteigeuze. Und trotz dieser Entfernung strahlen beide Sterne noch so enorm hell. Aus dieser Helligkeit folgern Astronomen, daß beide Sterne viel größer sind als unsere heimische Sonne. Bei Beteigeuze müßte man die Sonne 920mal nebeneinanderlegen, um den Durchmesser dieses Sterns zu erhalten. Rigel ist etwas kleiner. Er hat einen Durchmesser, der dem 65fachen der Sonne entspricht. Würden beide Sterne an der Stelle der Sonne stehen, so wäre Beteigeuze 14000mal heller als die Sonne und Rigel sogar 57000mal. Unvorstellbar, welche gewaltige Energie hinter diesen Glutöfen steckt.

Beteigeuze gehört zu den größten Sternen, die wir von der Erde aus beobachten können. Die Astronomen bezeichnen solche als „Rote Riesen“. Solche Sterne sind nicht nur größer als unsere Sonne, sondern auch um einiges massereicher. Beteigeuze bringt es auf etwa zwanzigfache Sonnenmasse. Massereiche Sterne gehen viel verschwenderischer mit ihrer Energie um als unsere Sonne. Die Lebensdauer dieser Sterne wird damit wesentlich kürzer. Wäre unsere Sonne eine Kerze von drei Stunden Brenndauer, Beteigeuze würde wie ein Streichholz nur eine Sekunde lang aufflammen. Die Astronomen vermuten daher, daß Beteigeuze bald in einer gigantischen Explosion – einer Supernova – sterben wird. „Bald“ kann dabei durchaus noch 1000 Jahre bedeuten. Sollte dies passieren, wäre Beteigeuze für einige Tage einhundert Mal heller als der Vollmond und selbst am Taghimmel ein auffälliger Lichtpunkt. Seit der Supernovaexplosion im Jahr 1987 in der Magellanschen Wolke weiß man, daß auch Blaue und nicht nur „Rote Riesen“ als Supernova aufflammen können. Damit ist auch Rigel ein möglicher Kandidat für ein solches bevorstehendes Ereignis. Vielleicht hat es schon beide Sterne zerfetzt, während wir sie noch am Winterhimmel beobachten. Die Lichtbotschaft ist ja einige hundert Jahre zu uns unterwegs.

Wenden wir uns trotz dieses bevorstehenden Ereignisses kurz unseren Blick auf ein anderes Objekt im Sternbild Orion. Wir haben gesehen, daß ein Stern in einer Supernovaexplosion sterben kann. Doch werden Sterne auch geboren? Ja, eine solche Sternengeburtsstätte befindet sich ebenfalls im Sternbild Orion. Im Schwerpunkt des unteren Trapezes ist mit bloßem Auge eine Ansammlung von kleinen Lichtpunkten zu erkennen. Erst im Fernrohr, z. B. auf einer Sternwarte, erkennt man nicht

Linkes Foto: Sternbild Orion, unter den drei Gürtelsternen der Orionnebel. Auf dem Foto links unten: Sirius, der hellste Fixstern

Mittleres Foto: Im Fernrohr erkennt man unter den drei Gürtelsternen den Orionnebel deutlich als Lichtfleck

Rechtes Foto: Bei starker Vergrößerung und längerer Belichtungsdauer erkennnt man die Farben im Orionnebel

nur Sterne, sondern auch einen blauweiß leuchtenden Nebel. Dieser Nebel wird „Großer Orionnebel“ genannt. Man beobachtet hier Staub – und Gasmassen im Raum zwischen den Sternen. Auf extrem lang belichteten Aufnahmen kann gezeigt werden, daß dieser Nebel eine gewaltige Ausdehnung hat. Er bedeckt nicht nur das Sternbild Orion vollständig, sondern zieht sich noch bis zu Sirius (Alpha Canis Majoris) im Großen Hund und bis zu den Hyaden im Stier. Nur sind diese Ausläufer zu lichtschwach, um mit bloßem Auge gesehen werden zu könne. Der Orionnebel, den wir im Fernrohr sehen, ist das Zentrum eines enormen Gas- und Staubkomplexes in 1700 Lichtjahren Entfernung. Er ist damit etwa viermal so weit entfernt wie Beteigeuze und etwa doppelt so weit wie Rigel. Heiße Sterne sind in die Nebelwolke eingebettet. Diese regen die Gaswolken zu Leuchten an – ein ähnlicher Vorgang wie bei einer Leuchtstoffröhre. Der Nebel besteht überwiegend aus Wasserstoff. Durch diese eingebetteten Sterne wird der Wasserstoff auf rund 10000°C aufgeheizt. Der Orionnebel ist das klassische Beispiel für eine Sternentstehungsstätte. Die leuchtkräftigsten Sterne sind gerade erst geboren worden. „Gerade erst“ bedeutet: in den letzten zwei Millionen Jahren. Im Vergleich mit der fünf Milliarden Jahre alten Sonne, die selbst keineswegs zu den ältesten Sternen zählt, ist dies wirklich jung.

Anhand von Beobachtungen mit speziellen Instrumenten wurden im Orionnebel komplexe Moleküle wie Ethin, Ameisensäure und Methanol gefunden. Aus diesen Verbindungen lassen sich Aminosäuren, die Grundbausteine des Lebens aufbauen. Ist das Leben doch nicht nur auf den Planeten Erde beschränkt?

zurück zur Übersicht